Pflege- und Dementenheim Bruneck

Drei Wohnformen in einem Haus

Der dreigeschossige Baukörper reagiert in seiner Ausformung auf das beengte Grundstück. Durch Rücksprünge bzw. Einschnitte entstehen ein einladender Eingangsbereich und ein geschützter Hof.
Jedes Geschoss bietet Bewegungs- und Erholungsmöglichkeiten im Freien. Immer wieder können die Bewohner den Wohnbereich auch verlassen und ziellos durch den geschützten Garten streifen. Die Terrassen werden als Gartenflächen mit unterschiedlichen Themenbereichen angelegt. Ein kleines Wegenetz führt an unterschiedlichen “Stationen” (Wasserbecken, Blumen- und Kräuterbeeten) und immer wieder an einem Sitzplatz vorbei.

Ein wesentlicher Punkt des Konzeptes ist die bauliche Gestaltung, die die verminderten geistigen Leistungsfähigkeiten der Demenzbetroffenen kompensieren soll und deshalb leicht verständlich und übersichtlich ist. Menschen mit Demenz benötigen Struktur, sie gibt ihnen Halt und Orientierung. Deshalb ist das Erscheinungsbild des Baukörpers möglichst einheitlich und “ruhig”. Der Verzicht auf alles Überflüssige setzt sich in der Gestaltung der Innenräume fort: Lehmputz, Linoleum, Böden auf Zementbasis. Kompensatorisch strukturelle Unterstützung kann aber auch durch Lichtführung, durch Bodenbeläge, vor allem aber durch unverwechselbare und bedeutsame Gestaltung bestimmter Orte gegeben werden. Die bauliche Gestaltung soll die Unabhängigkeit der Demenzbetroffenen soweit wie möglich fördern.
Eine Differenzierung in der Architektur erleichtert auch ohne Beschriftung und Zeichensetzung die Orientierung. Bodenunterscheidungen, die schon von weitem sichtbar sind, markieren auch für Sehbehinderte und ältere Menschen eindeutig unterschiedliche Bereiche. Wechsel im Bodenbelag kann unbewusst Grenzen bilden und imaginäre Räume schaffen. Die Türen werden zur besseren Orientierung in unterschiedlichen Farben ausgeführt. Ohne Beschriftung sollte es möglich sein zu erkennen, welche Eingänge für die Bewohner zugänglich, welche untergeordnet sind und welche vom Personal genutzt werden. Durch gezielte Verwendung von Farben, Formen und Materialien wird versucht das körperliche, geistige und emotionale Gleichgewicht zu verbessern.

Konzept

3 Wohnformen

Alzheimerpatienten durchlaufen im Verlauf ihrer Krankheit drei grundsätzlich verschiedene Erlebniswelten. Diese Welten gehen einher mit dem Schweregrad der Demenz, welcher mit der Prüfung der geistigen Fähigkeiten und der Alltagskompetenz bestimmt werden kann. Die drei Lebensräume einer jeden Welt werden räumlich möglichst von den anderen Welten getrennt und die Milieugestaltung, Betreuung und Aktivierung den noch verbliebenen Fähigkeiten angepasst. Die Heimbewohner müssen deshalb ihr Zimmer ein bis zwei Mal wechseln, wenn sich dies auf Grund der fortschreitenden Krankheit als notwendig erweist. Im Pflegeheim Bruneck werden Demenzbetroffene verschiedener Schweregrade betreut. Dem kommen die unterschiedlich gestalteten Bereiche entgegen:

AUTONOMES Wohnen (OG 1)

Dieser Pflegebereich wird im 1.OG angeordnet, mit großem “Innenhof” und “Aussichtsterrasse” auf den Eingangsbereich, wo immer was los ist.
Die Zimmer gruppieren sich in 3 überschaubaren Blöcken um gemeinschaftlich genutzte Bereiche mit direkt zugeordneten Freibereichen. Anstelle von einer spitalhaften Organisation der Zimmer entlang langer, monotoner Gänge wird ein kommunikatives Konzept angewandt. Übersichtlich, hell, nirgends auch nur andeutungsweise der Eindruck, man betrete so was wie einen Flur.

Durch die individuelle Gestaltung der „Erker“ kann der Bewohner „sein Zimmer“ auch von außen für alle erkennbar machen. Geschosshohe Fenster ermöglichen vom Bett aus die Sicht in den Garten.

Wohnen ZUM gemeinsamen Kommunikationsbereich (EG)

Dieser Demenzbereich im EG ist übersichtlich und öffnet sich großzügig zum Garten. Die Zimmer sind einfach ausgestattet und alle Zimmertüren münden unmittelbar in einen gemeinsamen, hellen Aufenthaltsbereich, wo sich immer jemand aufhält. Dinge aus der Vergangenheit oder sogar die gleiche Möblierung des Zimmers wie zu Hause können emotionale Geborgenheit und Sicherheit vermitteln.

Wohnen ZUM gemeinsamen Kommunikationsbereich (OG 2)

Dieser Demenzbereich liegt im 2.OG, wo großzügige, geschützte Bewegungsflächen im Freien möglich sind. Die uneingeschränkte Zirkulation durch den Wohn- und Gartenbereich ist das Hauptprinzip dieses Wohnbereiches.

Wohnen IM gemeinsamen Kommunikationsbereich, PFLEGEOASE (OG 2)

Pflegeoasen sind Bereiche für Menschen mit schwerer Demenz und dauernder schwerer Pflegebedürftigkeit. Die Entwicklung der Oase erfolgte aus der Beobachtung, dass viele Menschen in sehr fortgeschrittenem Demenzstadium sich ausschließlich in öffentlichen Räumen bewegen. Sie suchen Gemeinschaft und vermeiden Alleinsein. Das beobachtete Verhalten, welches durchaus sehr kindhaft sein kann, löste Gedanken aus, eine Umgebung zu gestalten, welche die Gefühle der Angst, des Alleinseins und des Verlassen seins aufnimmt und diese zu verhindern oder abzuschwächen sucht.

Der Demenzbereich mit “Oase” wird im 2.OG angeordnet, wodurch gut belichtete Aufenthaltsflächen möglich sind. Dieser “von der Außenwelt abgeschottete Bereich” bietet eine geschützte Atmosphäre für 9 Personen im Endstadium ihrer Demenz (liegend dabei sein können in einer von der Umwelt abgeschirmten Abteilung; im gleichen Raum wird geschlafen, verpflegt und behandelt). Unterforderung und Vereinsamung wird durch eine sinnesanregende Umgebung mit Lichtgestaltung, Musik, Klängen und sich bewegenden Elementen (Mobiles, Lichtspiele) entgegengewirkt.

Die Schlafplätze werden wie Nischen ausgebildet um eine minimale Privatsphäre zu garantieren. Im Wohnbereich befinden sich vor allem Sitz- und Liegeflächen. Je nach Situation kann mit Licht, Farben und Formen stimuliert oder beruhigt werden.